Konrad Sommer

(1915-2012)

Konrad Sommer: Lebenszyklus


Geboren wurde Konrad Sommer am 1.09.1915 in München und wuchs dort auch auf. Ab seinem siebten Lebensjahr lebte er in München-Moosach, wo er bis zu seinem Lebensende 2012 wohnte. Bereits als Kind zeigte sich bei ihm eine Begabung für das Zeichnen und die Fähigkeit visuelle Eindrücke wiederzugeben. Schon früh mag bei ihm auch der Wunsch erwachsen sein, in einem Beruf zu arbeiten, in dem er seine künstlerischen Fähigkeiten einsetzen konnte. Er entschied sich für das Arbeiten als Chemigraf, einem heute nicht mehr existierenden Berufszeig des Druckereigewerbes. Als Chemigraf stellte er durch Ätzen Druckplatten für den Vierfarbendruck her. Es handelte sich um eine Tätigkeit bei der größte Genauigkeit gefragt war.

Die künstlerischen Anfänge Sommers spiegeln diese Fähigkeit der genauen detaillierten Beobachtung. Mit Feder oder spitzem Bleistift zeigen seine ersten zeichnerischen Arbeiten eine Liebe zur detailreichen Ausarbeitung, eine Anlehnung an die realistischen Tendenzen der zwanziger und dreißiger Jahre. Ob ihm die Strömungen der zeitgenössischen Kunst vor 1933 näher bekannt waren, lässt sich leider nicht belegen. Genauswenig kann man feststellen, ob er die von Juli bis November 1937 in München gezeigte Ausstellung "Entartete Kunst" in den Hofgartenarkaden gesehen haben könnte. Diese Ausstellung wurde von vielen Besuchern entgegen der Absicht ihrer Macher dazu benutzt, Werke bedeutender zeitgenössischer Künstler zu sehen. Sommer war zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt.

Wesentliche charakterliche Eigenschaften Sommers waren seine Scheu vor größeren Menschengruppen, seine Sport- und Naturbegeisterung, seine Liebe zur Musik und den visuellen Künsten. So häufig es ihm möglich war, machte er zunächst allein, nach seiner Eheschließung zusammen mit seiner Frau Antonie, Ausflüge in die Umgebung Münchens bis zu den Alpen. Das Wandern, im Winter jedoch Skifahren, Skilanglauf, sowie Schlittschuhfahren, waren seine Lieblingssportarten. Bis Anfang der sechziger Jahre fuhren beide Ehegatten mit dem Rad, dann bis 1984 mit einem VW-Käfer auch zu größeren Reisen durch alle Alpenländer. Da sich die exakt geführten Fahrtenbücher erhalten haben, kann man die Ausflüge, bzw. Reisen Sommers nachverfolgen. Neben seinem malerischen Schaffen nahm auch das Akkordeonspiel einen großen Raum ein. Da er über das absolute Gehör verfügte, konnte er aus dem Gedächtnis Melodien leicht nachspielen. Sein Instrument beherrschte er mit großer Virtuosität. In seinem künstlerischen Schaffen gibt es daher vielfältige Bezüge zur Musik, bzw. zur rhythmischen Gestaltung.

In seinen Zeugnissen wird seine außerordentliche Fähigkeit der farblichen Gestaltung hervorgehoben. Diese entwickelte sich in seinen künstlerischen Werken in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Von 1947-1954 war er Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler München und Oberbayern e.V., und versuchte sich 1947-1949 als Künstler durchzuschlagen. Dies gelang ihm jedoch auf Dauer nicht, und so nahm er nach zweijähriger künstlerischer Tätigkeit 1949 seinen erlernten Beruf als Chemigraf wieder auf, den er bis 1973 fortführte.

Durch seine Heirat am 10.10.1945 mit Antonie Rieder, die aus Berchtesgaden stammte, gab es einen festen Bezugspunkt zu den Alpen. Die Besuche bei den Schwiegereltern ermöglichten Aufenthalte im Berchtesgadener Land und die Bergwelt entwickelte sich zum Hauptthema seiner künstlerischen Arbeit. In der Nachkriegszeit griff er zunächst Anregungen der Neoimpressionisten und der deutschen Expressionisten auf. Mit dem Jahr 1958 entfaltete er jedoch einen sehr eigenen Personalstil, in der die Formen auf einfache Grundelemente reduziert werden und Farbstriche in rhythmischen Strukturen die dargestellten Gegenstände gliedern.

So muss man das Frühwerk des sich langsam entfaltenden Künstlers, der noch suchte und sich an Vorbildern orientierte, bis 1958 ansetzen. Er war nun 43 Jahre alt und entwickelte von nun an Landschaftsbilder und Stillleben, die auf der einen Seite auf ihre Grundelmente abstrahiert, auf der anderen Seite der realistischen Wiedergabe von Seherfahrungen verpflichtet sind. In den sechziger Jahren überwog in den Gemälden eine klare, konstruktive Formensprache, während im darauffolgenden Jahrzehnt die Formen sich in eine Vielzahl von kürzeren Einzelstrichen bzw. Strichzusammenballungen auflösen. Die von ihm in dieser Zeit dargestellten Landschaften scheinen teilweise zu flimmern, die festen Konturierungen weichen einer fast nervösen Pinselführung. Die siebziger Jahre waren seine experimentellste und reichste Schaffenszeit, aus der auch der umfangreichste Gemäldebestand erhalten ist. Das lag auch an seiner Entlassung aus seinem Beruf 1973, bzw. der 1976 erfolgten Frühberentung. So konnte er sich ganz seinem Kunstschaffen widmen. Anfang der achtziger Jahre erreichte Sommer in seiner Malerei eine klassische Ruhe, und er war auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft.

Einschneidend für das Werk des Künstlers ab 1984 war ein sich manifestierender Grauer Star an beiden Augen. Sommer unterzog sich einer damals noch sehr riskanten Operation am rechten Augapfel, die leider misslang, so dass er ein Augenlicht verlor. Die von an fortschreitenden Einschränkungen seiner Sehfähigkeit am linken Auge nötigten ihn dazu, das Entwickeln von Schwarz-Weiß-Fotografien und auch das Autofahren aufzugeben. Umfangreiche Reisen wurden von ihm nun nicht mehr unternommen, sein Radius beschränkte sich auf das Umland von München und vor allem die Berchtesgadener Alpen. Das nachfolgende Schaffen kann man als sein Spätwerk zusammenfassen. Mit der von nun ab langsam abnehmenden Sehkraft veränderte sich sein Malstil, der mehr und mehr die Grenzen der Wahrnehmungsfähigkeit ausdeutete. Sein Pinselduktus gestaltete sich flüssiger und freier, die Formen der Landschaft lösten sich vollends auf. Die Gemälde entstanden häufig in langwierigen Arbeitsprozessen von Übermalungen, wobei auch ältere Gemälde neu übergangen wurden. In den neunziger Jahren entwickelte er im experimentellen Einsatz seiner malerischen Mittel ein neues Verständnis von Landschaft. Er verarbeitete nun seine Natureindrücke zu inneren Bildern, bei denen Motive teilweise erkennbar sind, die vielleicht auch noch reale Orte assoziieren lassen, aber letztlich Naturerfahrungen im eigenen Schaffensprozess wiederspiegeln. Mitte der neunziger Jahre besaß er nur noch einen Rest von Sehfähigkeit und arbeitete dennoch weiter. Die letzten datierten Aquarelle weisen Daten von 1997 auf. Vielleicht setzte er danach sein künstlerisches Schaffen fort, doch gibt es von da ab keine datierten Blätter mehr. Mit dem vollkommenen Verlust der Sehkraft 1999 war er gezwungen sein visuelles Schaffen gänzlich einzustellen, aber er spielte bis in sein letztes Lebensjahr Akkordeon. Konrad Sommer verstarb im Alter von 97 Jahren in München–Moosach am 8.09.2012 und wurde auf dem Westfriedhof in München beigesetzt.